Gesetz vom 9. April 1870, RGBL Nr. 51; zum Inhalt dieses Gesetzes; zur Frage der ehemals bestandenen Zuständigkeit zur Führung der Matriken über die der gesetzlich anerkannten Katholischen Kirche angehörenden Personen und der Geburtsregister über Personen, die keiner gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehören, sowie zur Rechtsnatur der von den katholischen Pfarrern zu führenden Geburts-, Trauungs- und Totenbücher als öffentliche Urkunden. Im Jahre 1908 war die Katholische Kirche in Österreich lediglich mit dem römischen (lateinischen), dem griechischen und dem armenischen Ritus anerkannt; es ist offenkundig, daß es sich bei der Frage nach der staatlichen Anerkennung von Riten der Katholischen Kirche ausschließlich um Riten im organisatorischen (körperschaftlichen) Sinn — nicht etwa auch um Riten im bloß liturgischen (nur durch Kultform bestimmten) Sinn — handeln kann. Gesetz vom 25. Mai 1868, RGBI. Nr. 49, wodurch die interkonfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt werden; Feststellung des Religionsbekenntnisses in Handhabung des Art. 1 und 2. Keine Verletzung der Glaubens- und Gewissensfreiheit oder des Gleichheitsrechtes
Erk. v. 15. Oktober 1968, B 13/68
Die Beschwerde wird abgewiesen und an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Entscheidungsgründe:
A. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid, der Gegenstand der Beschwerde ist, hat der Bundesminister für Unterricht ausgesprochen, daß der Antrag des Beschwerdeführers „auf Feststellung der Nichtzugehörigkeit zur ,Katholischen Kirche lateinischen Ritus (rit. lat.)’ in Osterreich … gemäß Art. 6 des Gesetzes vom 25. Mai 1968, RGBL Nr. 49, wodurch die interkonfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt werden, abgewiesen” wird, und festgestellt, daß der Beschwerdeführer „der römisch-katholischen Kirche in Osterreich, lateinischer Ritus (Art. I § 1 des Konkordates, BGBl. 11 Nr. 2/1934), angehört.”
B. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den bekämpften Bescheid „in der vollen Glaubens- und Gewissensfreiheit” verletzt worden zu sein.
Dieses Recht (Art. 14 StGG.) wäre durch den bekämpften Bescheid verletzt, wenn die oben wiedergegebene Feststellung gesetzwidriger-weise getroffen worden wäre (vgl. B 122/67 vom 9. Oktober 1967). Dies ist aber nicht der Fall.
I. Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei Angehöriger des glagolitischen (westslawischen) Ritus. Er sei glagolitisch getauft worden, Der Bescheid verletze die staatlich ebenfalls relevante Wirkung dieser glagolitischen Taufe, indem er den Beschwerdeführer antisakramental bescheidmäßig in den lateinischen Ritus eingegliedert. Lateinischer Ritus und glagolitischer Ritus seien verschieden.
II. Zunächst ist festzustellen, daß es hier nur darum geht, ob der bekämpfte Bescheid den staatlichen Normen entspricht. Die Frage, ob im bloß inneren Bereich der Katholischen Kirche ein glagolitischer Ritus neben dem lateinischen Ritus besteht, ist hier nicht relevant.
1. a) Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren einen in kroatischer Sprache abgefaßten am 6. Juni 1939 ausgestellten Geburts- und Taufschein in der Pfarre S. in S., Jugoslawien, — samt beglaubigter Übersetzung in die deutsche Sprache — vorgelegt.
Danach — S. 74, Nummer 205 des Verzeichnisses XV der Geborenen dieser Pfarre — ist der Beschwerdeführer am 22. November 1908 ehelich geboren und am 13. Dezember 1908 vom damaligen Pfarrer getauft worden. Die Religion des Vater ist mit „römisch-katholisch” angegeben. Das Religionsbekenntnis der Mutter ist nicht vermerkt.
Dalmatien war in diesem Zeitpunkt eines der im österreichischen Reichsrate vertretenen Königsreiche und Länder. Es galt österreichisches Recht.
b) Damals bestimmte das Gesetz vom 9. April 1870, RGBI. Nr. 51, u. a., daß die Geburtsregister über Personen, die keiner gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehören, von der Bezirkshauptmannschaft (Statutargemeindebehörde) zu führen sind.
Die Führung der Matriken über die der gesetzlich anerkannten Katholischen Kirche angehörenden Personen oblag den Pfarrern (kaiserliches Patent vom 20. Februar 1784, Jos. Ges. S., IV. Teil, Nr. 113; Erl. des dalmatinischen Guberniums vom 20. August 1816, Z. 13.529, republiziert in der Prov. Ges. S. 1837, S. 436) — vgl. Seidl, Matrikenführung, Wien 1897, S. 1; Mayrhofer, Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst, Zweiter Band, Wien 1896, S. 1112, 1116 und 1180) des Beschwerdeführers gemäß dem § 112 der allgemeinen Gerichtsordnung (kaiserliches Patent vom 1. Mai 1781) und gemäß dem Hofkanzleidekret vom 15. Jänner 1787, Jos. Ges. S., Nr. 621, als öffentliche Urkunden zu halten „über jene Umstände, worüber sie eigens errichtet sind, nicht aber über die einfließenden, auf bloßes Angeben sich gründenden Nebenumstände.”
c) Im Jahre 1908 war die Katholische Kirche in Osterreich lediglich mit römischen (lateinischen), dem griechischen und dem armenischen Ritus anerkannt. Schon der Motivenbericht zum Gesetz vom 20. Mai 1874, RGBI. Nr. 68, betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften enthielt im Rahmen eines Hinweises auf die bereits vorher gesetzlich anerkannten Religionsbekenntnisse diese taxative Aufzählung. Nur die Rechtsverhältnisse der Katholischen Kirche dieser Riten waren schon vor der Erlassung des zitierten Gesetzes aus 1874 staatlich irgendwie geregelt; insoweit ist die Kirche damit staatlich anerkannt worden. Daran hat sich jedenfalls bis zum Ende des Jahres 1908 nichts geändert (vgl. die einschlägigen Ausführungen bei Mischler-Ulbrich, Österreichisches Staatswörterbuch, Wien 1909, Vierter Band, S. 104/105, bei Mayrhofer, Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst, Vierter Band, Wien 1898, S. 17/18; bei Groß-Schueller, Lehrbuch des katholischen Kirchenrechtes, Wien 1922, S. 74; bei Adamovich, Grundriß des österreichischen Verwaltungsrechts, Wien 1948, S. 33). Es ist offenkundig, daß es sich bei der Frage nach der staatlichen Anerkennung von Riten der Katholischen Kirche ausschließlich um Riten im organisatorischen (körperschaftlichen) Sinn — nicht etwa auch um Riten im bloß liturgischen (nur durch Kultform bestimmten) Sinn — handeln kann. Mit einem glagolitischen Ritus war die Katholische Kirche im Zeitpunkt der Geburt des Beschwerdeführers staatlich nicht anerkannt.
2. a) Für alle im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder galt im Zeitpunkt der Geburt des Beschwerdeführers das Gesetz vom 25. Mai 1868, RGBI. Nr. 49, wodurch die interkonfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt werden.
Gemäß Art. 1 dieses Gesetzes folgten eheliche oder den ehelichen gleichgehaltene Kinder, sofern beide Eltern demselben Bekenntnis angehören, der Religion ihrer Eltern. Bei gemischten Ehen folgten die Söhne der Religion des Vaters, die Töchter der Religion der Mutter. Doch konnten die Ehegatten vor oder nach Abschluß der Ehe durch Vertrag festsetzen, daß das umgekehrte Verhältnis statt- finden solle oder daß alle Kinder der Religion des Vaters oder alle der Religion der Mutter folgen sollen. Im Art. 2 war u. a. bestimmt, daß das nach dem vorhergehenden Artikel für ein Kind bestimmte Religionsbekenntnis in der Regel so lange nicht verändert werden darf, bis dasselbe aus eigener freier Wahl eine solche Veränderung vornimmt. Es konnten jedoch Eltern, welche nach Art. 1 das Religionsbekenntnis der Kinder vertragsmäßig zu bestimmen berechtigt waren, dasselbe bezüglich jener Kinder ändern, welche noch nicht das siebente Lebensjahr zurückgelegt haben.
b) Folgende Erwägungen zeigen, daß der Beschwerdeführer gemäß diesen gesetzlichen Bestimmungen der Religion des Vaters gefolgt ist (Art. 1, zweiter Satz), falls nicht auch die Mutter römisch-katholisch war und daher der erste Satz des Art. 1 zutraf:
Der Vater war nach der Geburtsurkunde römisch-katholisch; der Beschwerdeführer hat auch selbst erklärt, sein Vater sei römisch-katholisch gewesen, habe also dem lateinischen Ritus angehört. Hätten die Eltern vertragsmäßig bestimmt (vgl. die wiedergegebene Stelle des Art. 2 leg. cit.), daß ihr Kind nicht der römisch-katholischen (lateinischen) Kirche, sondern der nach Meinung des Beschwerdeführers bestehenden, aber gesetzlich nicht anerkannten, katholischen Kirche des glagolitischen Ritus angehören sollte, so hätten sie die Geburt bei der politischen Behörde I. Instanz gemäß dem Gesetz vom 9. April 1870, RGBl. Nr. 51, registrieren lassen müssen. Das ist offenbar nicht geschehen.
Der Beschwerdeführer ist demnach kraft Gesetzes Angehöriger der römisch-katholischen (lateinischen) Kirche geworden.
c) Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß es — entgegen der Meinung des Beschwerdeführers — nicht erheblich ist, ob die Taufe, so wie der Beschwerdeführer behauptet, nach glagolitischem Ritus vorgenommen worden ist. Außerdem ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, daß das Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei nach jugoslawischem Recht zu beurteilen, ob das Taufbuch jetzt öffentliche Urkunde ist, ebenso unerheblich ist, wie seine Ausführungen über den innerkirchlichen Biritualismus und das innerkirchliche Matrikenwesen.
C. Der Beschwerdeführer hat auch behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im Gleichheitsrecht verletzt worden zu sein.
Ein im Hinblick auf das Gleichheitsgebot bedenkliches, der geltenden Rechtsordnung angehörendes Gesetz wurde nicht angewendet.
Es ist auch keinem Gesetz ein dem Gleichheitsgebot widersprechender Inhalt beigemessen worden.
Willkürlich hat die belangte Behörde nicht gehandelt.
Im Gleichheitsrecht ist der Beschwerdeführer also durch den bekämpften Bescheid nicht verletzt worden.
D. Sonst hat der Beschwerdeführer nichts geltend gemacht. Der Beschwerdeführer ist in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden. Die Beschwerde war daher abzuweisen.